Neuer Bußgeldkatalog jetzt fix
Auf den allerletzten Drücker hat Noch-Verkehrsminister Andreas Scheuer am 8. Oktober die „Erste Verordnung zur Änderung der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV-Novelle)“ in den Bundesrat und dort zur einstimmigen Beschlussfassung gebracht.
Damit endet eine länger als ein Jahr dauernde Hängepartie nach der Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO), die Ende April 2020 nach ebenfalls über einjähriger Beratung beschlossen worden war. Wegen eines juristischen Formfehlers, der Verletzung des sogenannten Zitiergebotes (nach Art. 80 Abs. 1 Satz S. 3 GG), blieb der zugehörige neue Bußgeldkatalog unwirksam.
Der erste Entwurf hatte ursprünglich vermehrt Fahrverbote für Verstöße gegen die neue StVO vorgesehen. Anstatt aber den Formfehler einfach durch Neubeschluss der StVO-Novelle inklusive der ergänzten Eingangsformel zu beheben, nutzten die CDU-geführten Bundesländer die Gelegenheit, die vorgesehenen Fahrverbote aus dem Katalog zu tilgen. Die Neufassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) enthält zwar zahlreiche Verbesserungen für Radfahrende und härtere Sanktionen für Autofahrer, die Rad- und Fußverkehr behindern, die Fahrverbote haben Scheuer und Freunde aber erfolgreich getilgt. Verkehrsverbände wie ADFC und VCD, aber auch Unfallforscher und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hatten die Beibehaltung der Regelungen aus der StVO-Novelle gefordert.
Der neue Bußgeldkatalog tritt am 9. November 2021 in Kraft. Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 21 km/h innerorts und 26 km/h außerorts werden in Zukunft keine Fahrverbote sondern nur höhere Geldbußen nach sich ziehen. Für den Radverkehr interessant sind diese künftig geltenden Sanktionen:
- Für verbotswidriges Parken auf Geh- und Radwegen sowie das jetzt unerlaubte Halten auf Schutzstreifen und das Parken und Halten in zweiter Reihe werden Geldbußen bis zu 110 Euro fällig.
Bei schwereren Verstößen ist darüber hinaus der Eintrag eines Punktes im Fahreignungsregister vorgesehen, nämlich
- wenn durch verbotswidriges Parken oder Halten in zweiter Reihe und auf Fahrradschutzstreifen oder Parken auf Geh- und Radwegen andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet werden,
- eine Sachbeschädigung erfolgt ist oder
- das Fahrzeug auf dem Geh- oder Radweg länger als eine Stunde parkt.
Die Einstufung des Verstoßes erfolgt durch die zuständigen Behörden vor Ort. Die vorschriftswidrige Nutzung von Gehwegen, linksseitig angelegten Radwegen und Seitenstreifen durch Fahrzeuge kostet jetzt bis zu 100 Euro Geldbuße. Für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge über 3,5 t ist aus Gründen der Verkehrssicherheit innerorts Schrittgeschwindigkeit (4 bis 7, max. 11 km/h) vorgeschrieben. Verstöße hiergegen können mit einem Bußgeld in Höhe von 70 Euro sanktioniert werden. Außerdem gibt es einen Punkt im Flensburger Register. Auto- und Motorradfahrende, die beim Abbiegen keine Rücksicht auf Fußgänger nehmen und sie dadurch gefährden, werden zukünftig mit 140 statt 70 Euro zur Kasse gebeten und bekommen einen Punkt im Flensburger Fahreignungsregister und einen Monat Fahrverbot. Radfahrenden drohen in solchen Fällen 70 Euro und ein Punkt.
ADFC und VCD fordern grundsätzlich neue Zielsetzungen im Straßenverkehrsrecht. Als Ziel soll die Vision Zero, keine Verkehrstoten und Schwerstverletzten mehr, verankert werden. Außerdem sollen alle Verkehrsarten gleichgestellt werden, das Auto keine Priorität mehr haben. Klima-, Umwelt- und Gesundheitsziele sollten in das Straßenverkehrsrecht Eingang finden und die alten Ziele von „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“ ablösen. Die neue Bundesregierung wird sich ohnehin noch einmal zumindest mit dem Bußgeldkatalog befassen müssen. Denn in einer begleitenden Entschließung bat der Bundesrat die Bundesregierung, die Verwarnungsgrenze von 55 Euro für geringfügige Ordnungswidrigkeiten zu erhöhen, ebenso die Gebühr für Fahrzeughalter, wenn bei Verstößen der oder die Fahrerin nicht ermittelbar ist. Zur Begründung verweist der Bundesrat auf die hohen Aufwände bei Bußgeldstellen, Polizei und Justiz hin, die durch die Novelle entstehen. Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, wann sie sich mit der Länderforderung befasst.