Wirklich kein Bedarf für Fahrradstraßen?
(Jan. 2025) ADFC fordert, Kfz-Verkehr weiterhin auf Anlieger zu beschränken
25 Jahre seit der Einführung der Fahrradstraßen in der Straßenverkehrsordnung im Jahr 1997 hat die Stadt Niederkassel gebraucht, bis sie ab 2022 die ersten Fahrradstraßen testweise eingerichtet hat. Nach nur drei Jahren gibt die Stadt das Projekt Fahrradstraßen bis auf weiteres wieder auf, wie der Planungs- und Verkehrsausschuss am 23.1.2025 beschlossen hat. Die Fahrradstraßen in der Uferstraße/Burgstraße in Lülsdorf sowie in der Eschmarer Straße in Uckendorf sollen wieder aufgehoben werden.
Für Peter Lorscheid, Sprecher des ADFC Niederkassel, ist dies „das falsche Signal in einer Stadt, die erklärtermaßen eigentlich fahrradfreundlich sein möchte.“ Natürlich setze die Einrichtung einer Fahrradstraße nicht das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme außer Kraft und das Tempolimit von 30 km/h gelte auch für Radfahrende, räumt Lorscheid ein. Doch soweit hier Probleme bestanden, hätte die Stadt durch Öffentlichkeitsarbeit, Hinweisschilder o.ä. versuchen können, dem entgegenzuwirken. Das sei leider nicht ernsthaft versucht worden. „Das sog. Niederkasseler Modell der Fahrradstraße ‚light‘ ohne Vorfahrt, ohne Piktogramme usw. ist möglicherweise wirklich gescheitert. Doch anstatt den Schluss zu ziehen, dass man Fahrradstraßen ernsthaft statt nur halbherzig umsetzen muss, wird nun der Bedarf für Fahrradstraßen grundsätzlich bezweifelt und der Ausstieg beschlossen – auch auf Basis einer fragwürdigen Interpretation des Urteils zur Einrichtung einer Fahrradstraße in Bonn.“
Auch ohne die Ausweisung als Fahrradstraße gelte in den betroffenen Straßen weiterhin ein Überholabstand von mindestens 1,5 m, betont Lorscheid. „Dies bedeutet, dass Radfahrende hier meist weiterhin nebeneinander fahren dürfen, da ein legales Überholen eines Fahrrads angesichts der geringen Fahrbahnbreite meist ohnehin ausgeschlossen ist.“
Der Vorrang der Radverkehrs in einer Fahrradstraße bedeute übrigens nicht zwingend die Vorfahrt an Kreuzungen, so Lorscheid. Vielmehr werde den Kraftfahrzeug-Fahrenden eine besondere Rücksicht gegenüber Radfahrenden auferlegt, bei der der Kfz-Verkehr sich dem Radverkehr anpassen muss und eine Behinderung oder gar Gefährdung des Radverkehrs vermeiden muss. „Dieser besondere Schutz für die Radfahrenden fällt nun leider wieder ersatzlos weg.“ Hinzu komme, dass die für den Radverkehr überregional bedeutende Route durch die Burg- und Uferstraße nun auch von Nicht-Anliegern wieder befahren werden darf. „Wenigstens das sollte von der Fahrradstraße bleiben: Der Autoverkehr sollte hier konsequent auf den unbedingt notwendigen Anliegerverkehr beschränkt bleiben!“