Radwege und Bäume im Interessenskonflikt?
Mehr Radverkehr ist aktiver Umweltschutz
Radfahrerinnen und Radfahrer lieben Bäume, lieben aber auch breite und komfortable Radwege. Sie hoffen, dass solche Wege mehr Menschen dazu animieren, auf das Fahrrad (um) zu steigen. Das käme dann langfristig auch wieder den Bäumen zu Gute.
Doch darf man zur Schaffung solcher Radwege auch Bäume fällen, selbst wenn dafür neue Bäume gepflanzt werden? In diesem Konflikt stehen wir als ADFC seit geraumer Zeit und werden wir noch stärker geraten, je mehr jetzt für die Fahrradinfrastruktur getan wird. Denn nicht jeder neue oder verbreiterte Radweg führt über ehemalige Autostraßen. Aktuell hochgekocht ist die Diskussion auch innerhalb des ADFC nun über die von der Stadt geplante Verbreiterung der Radwege in der Bonner linksseitigen Rheinaue, beflügelt durch die Berichterstattung im Bonner Generalanzeiger.
Worum geht es? Jahrzehntelang wurden in Radfahrerkreisen die zu engen Radwege am Rhein und die dortigen Konflikte zwischen Radfahrenden und zu Fuß gehenden beklagt. Diejenigen, die zu Fuß unterwegs sind, fühlen sich von Radfahrer*innen bedrängt und monieren die unklare Wegeführung, Radfahrer*innen geht es genauso. Wir im ADFC sind an einem guten Miteinander beider Gruppen interessiert.
Baumfällung zugunsten breiterer Radwege ist umstritten
Als die Stadt Ende 2018 verkündete, dass sie unter Ausnutzung eines Förderprogramms die dortigen Wege verbreitern wolle, waren alle hocherfreut. Die Planung wurde Anfang 2019 von den politischen Gremien verabschiedet, Detailfragen (und Corona) verzögerten den Projektablauf, denn hier haben nicht nur Natur-/Umweltschutz (von Baumfällungen bis Fledermäusen), sondern auch Denkmalschutz und Urheberrecht ein gehöriges Wörtchen mit zu reden. Im ADFC gibt es unterschiedliche Meinungen in dieser Frage, insbesondere was die erforderliche Fällung von 44 Bäumen betrifft, auch wenn 59 neue Bäume als Ersatz gepflanzt werden.
Nach Abwägung bietet vorgelegte Planung besten und einzig realisierbaren Kompromiss
Da auch ADFC-Verkehrsplaner und Vorstand durchaus abweichende Vorstellungen zur Detailplanung des Projekts hatten, haben wir mit Verwaltung, Baumexperten und Naturschutzbehörde die Fragen rund um das Projekt - von alternativer Routenführung bis Begutachtung jedes einzelnen Baumes - intensiv beraten. Wir mussten uns jedoch davon überzeugen lassen (und wir haben es niemandem - auch nicht uns - leicht gemacht), dass die vorgelegte Planung den besten und einzig realisierbaren Kompromiss zwischen Natur- und Umweltschutz, Denkmalschutz und Urheberrecht auf der einen und Verbesserung der Infrastruktur für den Radverkehr auf der anderen Seite darstellt. Die Alternative wäre, das Projekt öffentlich abzulehnen und es so eventuell scheitern zu lassen. Dann bliebe alles beim bisherigen untragbaren Zustand. Das kann nicht die Position des ADFC sein. Vielmehr sind wir der Ansicht, dass die Förderung von mehr emissionsfreier Mobilität - also für uns vordringlich der Radverkehr - aktiver und langfristig wirkender Natur- und Umweltschutz ist und nur das ist der Grund für unsere letztendlich positive Stellungnahme zu dem Projekt.
Dennoch sind wir uns darüber im Klaren, dass der Konflikt "Bäume fällen für bessere Radwege" den ADFC nicht nur in diesem speziellen Fall sondern als Grundsatzfrage noch öfter beschäftigen wird.
Hier der Link zu unserer jüngsten Pressemitteilung vom 29. April 2021.