Planerin Denny: Ohne Rheinradweg keine Mobilitätswende
Der Rückenwind sprach mit Petra Denny, Leiterin des Stadtplanungsamtes, und Stadtplaner Helmut Haux über die Verbreiterung des Radwegs und warum die Eingriffe notwendig sind. Diese Planung läuft seit 2018 und wird zum Teil heftig kritisiert.
Seit 2018 hat das Stadtplanungsamt die Verbreiterung der Radwege am Rhein und ein Stück höher am Rande der Rheinaue vorbereitet. Auf der rund vier Kilometer Strecke waren 2020 rund eine Millionen Radfahrer unterwegs – so viele wie nie. Weil das Wachstum anhalten dürfte, wird der Radweg auf vier Meter verbreitert, wofür 44 überwiegend kleinere und mittlere Bäume gefällt und durch 60 Neupflanzungen ersetzt werden. Der Rückenwind sprach mit Petra Denny, Leiterin des Stadtplanungsamtes, und Stadtplaner Helmut Haux über die Verbreiterung des Radwegs und warum die Eingriffe notwendig sind.
Rückenwind: Frau Denny, das Stadtplanungsamt will in der Rheinaue zwischen Langem Eugen und Von-Sandt-Ufer in Plittersdorf vorhandene Radwege verbreitern, um eine bessere Radverkehrsführung zu ermöglichen. In der öffentlichen Debatte ist von Radschnellweg, Radschnellstrecke, Radvorrangroute, gar von einer Radautobahn die Rede. Was genau hat die Stadt hier vor?
Denny: Der heutige Radweg entlang des Rheins entspricht nicht mehr dem heutigen Standard. Er ist teilweise nicht einmal zwei Meter breit und damit viel zu schmal für Begegnungsverkehr. Er soll durchgehend auf vier Meter verbreitert werden, damit Freizeit- und Berufspendler genügend Platz haben. Aber es handelt sich um keine Fahrradautobahn, das wird eine schnelle Route, die zügiges Radfahren erlaubt.
Rückenwind: Der ADFC hatte vorgeschlagen, an einigen Stellen die Breite von vier Metern zu unterschreiten, um möglicherweise die Eingriffe in den Baumbestand zu reduzieren. Warum hat das die Stadt abgelehnt?
Denny: Es war uns wichtig, eine durchgehende Verkehrsführung zu bekommen, die auch verschiedene Geschwindigkeiten zulässt. Wir werden schnelle Pendler und langsame Freizeitradler auf der Strecke haben. Man muss sicher überholen können. Deshalb brauchen wir durchgehend eine Breite von vier Metern.
Rückenwind: Der ADFC hatte in der Hoffnung, die Eingriffe weiter reduzieren zu können, vorgeschlagen, den Radweg aus Richtung Langem Eugen schon am Bismarckturm nach oben zu führen, statt erst hinter der Brücke. In diesem Teilstück entlang des Rheins werden immerhin 16, überwiegend kleinere Bäume gefällt. Warum geht das nicht?
Helmut Haux: Wir haben den Vorschlag des ADFC, oben den breiteren Fußweg als Radweg zu nutzen, intensiv geprüft. Das Ergebnis war, dass dadurch noch mehr, vor allem größere und prägende Bäume hätten gefällt werden müssen. Das liegt daran, dass der jetzige schmale Radweg auch für die vielen Fußgänger hätte verbreitert werden müssen.
Denny: Zudem befinden wir uns in einem sehr anspruchsvollen Raum. Wir müssen direkt am Rhein die Belange der Schifffahrtsstraße und des Hochwasserschutzes mit dem Radverkehr in Einklang bringen, in der Rheinaue werden unsere Handlungsmöglichkeiten durchLandschaftsschutz, Urheberrecht des Architekten und den Denkmalschutz eingeschränkt. Je näher wir den oberen Flächen kommen, umso wichtiger ist der Denkmalschutz. Deshalb haben wir uns entschlossen, im Abschnitt vom Langem Eugen bis hinter die Südbrücke am Rhein zu bleiben.
Rückenwind: Der ADFC hat vorgeschlagen, den Radverkehr von Godesberg nach Bonn auf dem Rheinuferweg zu führen, in Gegenrichtung auf dem vorhandenen oberen Radweg. Warum ist diese Einbahnregelung nicht möglich, um die Eingriffe zu verringern?
Helmut Haux: Auch das haben wir im Vorfeld überlegt und überprüft. Das Problem: Auch die Oberfläche des Rheinuferwegs ist in einem schlechten Zustand, auch durch Wurzelaufbrüche der Fahrbahn. Wenn wir diese für den Radverkehr auch in Einbahnrichtung erneuern würden, dann müssten wir ins Wurzelwerk vieler sehr großer Bäume eingreifen, die dann ebenfalls gefällt werden müssten. Die Eingriffe wären noch größer als bei der jetzigen Lösung.
Rückenwind: 44 Bäume werden nach den aktuellen Ausbauplänen auf einer Strecke von rund vier Kilometern gefällt. Teilweise stehen diese Bäume dem Ausbau aber gar nicht direkt im Weg, sondern werden vorsorglich gefällt, weil der Gutachter sagt, dass die Eingriffe ins Wurzelwerk die Bäume zu stark schädigen. Wäre es nicht sinnvoll, die Entwicklung abzuwarten?
Denny: Da müssen wir den Baumexperten vertrauen, die jeden einzelnen Baum geprüft haben. Wenn die der Meinung sind, dass durch die Erneuerung und Verbreiterung der Rad- und Fußwege das Wurzelwerk zu stark beschädigt wird, dann können wir das nicht anzweifeln. Auch die vom ADFC vorgeschlagenen Bauverfahren wie Wurzelbrücken nutzen nichts. Die lassen sich nur bei neuen Bäumen einsetzen.
Rückenwind: Viele Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern entstehen ja nicht aus böser Absicht, sondern aus mangelnder Achtsamkeit und Unwissenheit. Könnte man die Radwege in der Rheinaue mit blauem Asphalt einfärben?
Haux: Das hat die Obere Denkmalbehörde schon früh ausgeschlossen. Der Park ist ein Denkmal und da dürfen wir keine blauen Radwege bauen. Deshalb dürfen wir auch die sogenannten Amöben, die Rondells mit Sitzmöglichkeiten, nicht antasten. Diese stehen unter Urheberschutz.
Denny: Das Problem, dass heute Fußgänger auf den Radwegen laufen und die Radfahrer auf den breiteren Fußwegen, wollen wir ja gerade dadurch lösen, dass wir eine klare Verkehrsführung schaffen. So wollen wir die Konflikte entschärfen.
Rückenwind: Für die Bäume, die gefällt werden, wird es Ersatzpflanzungen geben. Wo kommen die neuen Bäume hin und wie viele werden es sein?
Denny: Es werden im direkten Umfeld der 44 Bäume, die gefällt werden, mindestens 60 hochstämmige, heimische und standortangepasste Laubbäume als Ausgleich gepflanzt. Zudem wird auf den Flächen vor dem Rheindeich in Beuel auf einer 8700 Quadratmeter großen Fläche eine artenreichen Hochstaudenflur mit vielen ökologisch wertvollen Mulden angelegt. Das alles wird vielleicht nicht sofort den Verlust ausgleichen, aber doch in absehbarer Zeit.
Rückenwind: Das ist das erste große Radinfrastrukturprojekt, das bei einigen Umwelt- und Baumschützern auf lautstarken Widerstand stößt. Es wurden sogar viele Bäume mit gelben Kreuzen markiert, die gar nicht gefällt werden. Wie will die Stadt Bonn künftig solche Konflikte zwischen Naturschutz und Radfahrerinteressen entschärfen?
Denny: Wir müssen immer zwischen unterschiedlichen Interessen abwägen. Und das haben wir getan, wie haben verschiedene Möglichkeiten untersucht, haben zum Beispiel die komplette Führung des Radweges direkt am Rhein verworfen, weil dann die Eingriffe viel zu groß geworden wären. Wie haben jetzt die für den Naturschutz verträglichste Lösung gefunden. Die Eingriffe sind absolut vertretbar, und wir schaffen zugleich eine attraktive Verbindung für Freizeitradler und Pendler, die auch den wachsenden Radverkehr in Zukunft aufnehmen kann. Aber es wird trotzdem immer Menschen geben, die sich gegen diese Planung aussprechen.
Rückenwind: Was passiert, wenn das Projekt doch noch scheitert?
Denny: Wenn dieses so wichtige Projekt an solch einem Widerstand scheitert, werden wir die Mobilitätswende nicht voranbringen können.
Axel Mörer