Große Aufregung um eine kleine Fahrradstraße - ADFC Bonn/Rhein-Sieg

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Bonn/Rhein-Sieg e. V.

Zwar nicht Ückesdorf, aber neues Fahrradstraßendesign © Carl Schamel

Große Aufregung um eine kleine Fahrradstraße

(01.09.2024) Der erfolgreiche Antrag eines Anwohners hat vorerst eine Fahrradstraße („Auf den Steinen“) in Bonn-Ückesdorf vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln zu Fall gebracht.

Die Stadt hatte offenbar in ihrer verkehrsrechtlichen Anordnung nur unzureichend dargelegt, warum sie just hier eine Fahrradstraße für erforderlich hielt. Dabei muss die Anordnung gar nicht zur Abwendung konkreter Gefahren getroffen werden; auch das in Bonn beschlossene Fahrradroutennetz wäre eine taugliche Begründung.

Gegen den Beschluss des VG will die Stadt nicht vorgehen und die bereits aufgestellten Schilder und Markierungen überkleben. Offensichtlich hat die Stadtverwaltung bei der Anordnung dieser Fahrradstraße ihre Hausaufgaben nicht gemacht: Sie hätte dem Verwaltungsakt der Einrichtung der Fahrradstraße eine ordentliche Rechtsgrundlage zugrunde legen, die Voraussetzungen dieser Ermächtigung ausreichend belegen und dort, wo sie Ermessen hat, dieses Ermessen rechtmäßig ausüben müssen. Daran hat es wohl gemangelt. Die Stadt will jetzt Ihre Anordnungen für Fahrradstraßen überarbeiten und ggf. neu erlassen.

Fahrradstraßenkonzept ist über 10 Jahre alt

Das Bonner Fahrradstraßenkonzept wurde im Grundsatz bereits im Jahr 2011 beschlossenen – und wie so manches Vorhaben jahrelang nicht umgesetzt. Die Ratsopposition wittert mit der Einzelfallentscheidung des VG natürlich jetzt ihre Chance, das ganze Konzept zu kippen und erneut in die Schleife Bürgerbeteiligung und Gremienberatung zu schicken. Schade eigentlich, wird doch das Thema sichere und einladende Radinfrastruktur durch partiepolitisches Klein-Klein überlagert.

Einladende Verkehrsinfrastruktur

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) nennt in der Begleitbroschüre Einladende Radverkehrsnetze zum Sonderprogramm "Stadt und Land" Fahrradstraßen „ein kluges und effizientes Instrument“, um einladende und sichere Radinfrastruktur zu schaffen. Eine gut gestaltete Fahrradstraße biete „alles, worauf es ankommt, um Menschen zum Radfahren zu motivieren: ein erhöhtes Sicherheitsgefühl, schnelles Vorankommen durch Vorrang an Einmündungen sowie die Möglichkeit, nebeneinander zu fahren.“

Rechtliche Voraussetzungen

In der geltenden Verwaltungsverordnung (VwV) zur Straßenverkehrsordnung (StVO) heißt es:  I. Die Anordnung einer Fahrradstraße kommt nur auf Straßen mit einer hohen oder zu erwartenden hohen Fahrradverkehrsdichte, einer hohen Netzbedeutung für den Radverkehr oder auf Straßen von lediglich untergeordneter Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr in Betracht. Eine hohe Fahrradverkehrsdichte oder eine hohe Netzbedeutung für den Radverkehr setzt nicht voraus, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist. Eine zu erwartende hohe Fahrradverkehrsdichte kann sich dadurch begründen, dass diese mit der Anordnung einer Fahrradstraße bewirkt wird.“ Auf der Basis sollte eine rechtssichere Anordnung von Fahrradstraße auch in Bonn möglich sein.

Farbenvielfalt

Ein weiterer Kritikpunkt des Köln VG: Die roten durchgezogenen Begrenzungslinien für die Fahrradstraße in Bonn Ückesdorf könnten Verwechselungsgefahr bergen mit den einzigen in der StVO vorgesehenen Markierung in weißer oder gelber Farbe. Das sieht die Oberste Verkehrsbehörde des Landes, das ist das Düsseldorfer Verkehrsministerium, nicht so. Die roten Begleitlinien in den Bonner Fahrradstraßen seien als straßenbauliches Gestaltungselement mit rein informellem Charakter (ohne verkehrsrechtlichem Regelungsgehalt) möglich und könnten beibehalten werden.

Die Farbenvielfalt bei der Einrichtung von Fahrradstraßen ist wohl dem Umstand geschuldet, dass die Bundesverkehrsminister sich jahrzehntelang beim Thema Radverkehr für nicht zuständig erklärten. Das sei reine Ländersache. Mit der Folge: Hamburg machts in blau, Berlin hat grüne, NRW rote Fahrradstraßen.

Sachlich bleiben!

Bleibt zu hoffen, dass wieder Sachlichkeit in die Debatte über die Umsetzung der Bonner Fahrradstraßenplanung einzieht. Öl ins Feuer der Aufgeregtheit goss der General-Anzeiger in seiner Ausgabe vom 29. August: Völlig faktenfrei war dort zu lesen: "Was den Ückesdorfer zunehmend irritiere, seien Übergriffe auf Bonner, die eine Fahrradstraße ablehnen." Übergriffe? Droht ein Bürgerkrieg? Skandalisierung und Aufbauschung sind zwar heutzutage an der Tagesordnung, aber in einem Qualitätsmedium?

Tags drauf relativierte der GA: Bei den Übergriffen handele es sich um „beleidigende E-Mails“ und Farbbeutel (Plural), die auf ein Haus in der Nachbarschaft geworfen worden seien. Etwas mehr Recherche hätte der Klärung des Sachverhalts gut getan. Der ADFC setzt sich gegen Wut- und Hass-E-Mails ein, die wir leider auch hin und wieder bekommen. Farbbeutel sind für uns kein Mittel der politischen Auseinandersetzung.

Bernhard Meier

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