Mobilitätswende im Fokus: Skepsis überwinden, Zukunft gestalten - ADFC Bonn/Rhein-Sieg

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Bonn/Rhein-Sieg e. V.

Mobilitätswende im Fokus: Skepsis überwinden, Zukunft gestalten

Mut zu neuen Wegen – Einblicke aus der ADFC-Fachtagung in Bonn

Einblicke aus der ADFC-Fachtagung in Bonn- Mobilitätswende im Fokus © Julia Dick

Wie kann man Bürgerinnen und Bürger für Änderungen im Mobilitätsverhalten gewinnen? Diese Frage stand im Mittelpunkt der ADFC-Tagung " Zwischen Hoffnung und Skepsis - Wie Bürgerinnen und Bürger für Änderungen im Mobilitätsverhalten gewonnen werden können ", die am 28. November im Haus der Evangelischen Kirche in Bonn stattfand. Neben inspirierenden Impulsvorträgen luden Open-Space-Diskussionen die Teilnehmenden zu einem intensiven Austausch ein. Ziel der Veranstaltung war es, aktuelle Themen der Mobilitätswende wissenschaftlich zu beleuchten, sich über Best Practice auszutauschen und die Vernetzung von Akteuren aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis zu stärken. 

Vielfältige Perspektiven von Expertinnen und Experten zur Mobilitätswende 

Fachbeiträge von Melina Lorenz (Mobilitätsforum Bund), Dr. Konrad Götz (Institut für sozial-ökologische Forschung), Sven Habedank (Radverkehrsbeauftragter Rhein-Sieg-Kreis), Nicole Fritzsche (Mobilitätsmanagerin der Stadt Rheinbach) sowie Michael Adler (Geschäftsführer der Agentur tippingpoints), boten spannende Einblicke in die Mobilitätswende. Sie beleuchteten zentrale Themen wie den Zielkonflikt zwischen Naturschutz und Radverkehr, die Schnittstelle zwischen Radverkehr und ÖPNV sowie die Bedeutung einer positiven Kommunikation in der Mobilitätswende. 

Die Veranstaltung vereinte eine breite Palette von Stakeholdern, darunter Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung, NGOs, Verkehrsbetrieben sowie Mitgliedern des ADFC. Ziel der Veranstaltung war es, den Austausch von Best Practices zu fördern und Akteure aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis zu vernetzen. 

Begrüßung und Eröffnungsreden 

Bernhard Meier, Vorsitzender des ADFC Bonn/Rhein-Sieg 

Den Auftakt der Tagung gestaltete Bernhard Meier, Co-Vorsitzender des ADFC Bonn/Rhein-Sieg, mit einer inspirierenden Rede. Unter dem Motto „Mobilität ist Freiheit“ hob er die Bedeutung des Radverkehrs für eine zukunftsorientierte Mobilität hervor. Dabei betonte er, dass Mobilität ganzheitlich betrachtet werden müsse, da jeder Mensch auch Fußgänger, ÖPNV-Nutzer oder auf Handwerks- und Lieferdienste angewiesen sei. Meier plädierte dafür, Konflikte im Dialog zu lösen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um das Ziel zu erreichen, den Anteil des Radverkehrs bis zu steigern.  

Er stellte das neue Projekt des ADFCs: „Schlüsselfaktor Radverkehr – für Region, Klimaschutz und Bürgereinbindung“ vor. Die Veranstaltung fand im Rahmen des von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW geförderten Projektes statt. Hauptziele des Projektes sind die Verlagerung von Pendlerverkehren auf den Umweltverbund, ein Beitrag zur Klimaneutralität in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis sowie der Abbau von Ängsten und Sorgen im Zusammenhang mit dem Mobilitätswandel. Meier stellte die Projektleiterin Julia Dick vor, die als Moderatorin durch das Programm führte.  

Otto Neuhoff, Bürgermeister von Bad Honnef: Mut zu neuen Wegen 

Bürgermeister Otto Neuhoff betonte die Bedeutung mutiger Entscheidungen bei der Umsetzung von Mobilitätsmaßnahmen. Innovation erfordere nicht nur das Einhalten bestehender Regeln, sondern auch die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Sein Appell: „Verantwortung beginnt jenseits bestehender Regeln.“ 

Grußwort von Felix Maus, Stadt Bonn, Abteilungsleiter Mobilität und Verkehr 

Felix Maus, Abteilungsleiter Mobilität und Verkehr der Stadt Bonn, rundete die Begrüßung ab. Er lenkte den Fokus auf die kommunalen Strategien zur Förderung nachhaltiger Mobilität in Bonn.  

Best-Practice-Beispiele: Interkommunale Konzepte und Mobilstation Rheinbach 

Melina Lorenz, Mobilitätsforum Bund:  Was passiert in anderen Kommunen? Gute Beispiele von der Fahrradkommunalkonferenz 2024 

Melina Lorenz, Koordinatorin der Fahrradkommunalkonferenz, präsentierte Praxisbeispiele aus anderen Kommunen. Die Beispiele wurden auf der Fahrradkommunalkonferenz Anfang November vorgestellt. Besonders beeindruckend war das Beispiel einer Straße in Berlin, die aufgrund eines Wurzelaufbruchs umgestaltet wurde. Anstatt die Bäume zu fällen, wurde der Straßenraum um die Bäume herum neugestaltet, wodurch mehr Grünflächen und entsiegelte Flächen entstanden. 

Auch das Mobilitätskonzept der Region Hannover wurde hervorgehoben: Stadt und Umland erarbeiteten gemeinsam ein Konzept, das unter anderem Velorouten vorsieht, die das Umland mit der Stadt verbinden. Ein solches interkommunales Konzept könnte auch für die Region Bonn/Rhein-Sieg eine vielversprechende Option sein, um die Mobilitätswende voranzutreiben. Mehr Infos zum Konzept aus Hannover gibt es hier: VEP 2035+ | Verkehrsplanung & -entwicklung | Mobilität | Leben in der Region Hannover.  

Dr. Konrad Götz, Institut für sozial-ökologische Forschung:  Veränderung des Verkehrsverhaltens - Was wir von der Wissenschaft für die Praxis lernen können 

Dr. Götz veranschaulichte, wie verschiedene sozialwissenschaftliche Modelle zur Erklärung und Förderung von Verhaltensänderungen auch auf die Mobilität angewendet werden können. Dazu zählen die Rational-Choice-Theorie, das Transtheoretische Modell der Verhaltensänderung, die Praxistheorie sowie die Theorie des geplanten Verhaltens. Diese Modelle zeigen, dass Verhaltensänderungen Zeit, neue Routinen und die Überwindung von Barrieren erfordern. Ein Beispiel ist das Deutschland-Ticket, das nach der Logik der Rational-Choice-Theorie durch seinen hohen Zusatznutzen – einfache Buchung, deutschlandweite Gültigkeit, niedriger Preis – zu einer Verhaltensänderung zugunsten des ÖPNV beitragen kann. Auch emotionale Aspekte wie Fahrspaß und Umweltbewusstsein, die in der Praxistheorie und der biografischen Mobilitätsforschung berücksichtigt werden, spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung der Mobilitätswende. 

Die sozialwissenschaftlichen Theorien hat Herr Dr. Götz für den ADFC Bonn/Rhein-Sieg in einer eigenen Broschüre zusammengestellt. Die Broschüre ist über folgenden Link abrufbar: isoe-adfc_einfach-anders-mobil-sein_2024.pdf. Ein gedrucktes Exemplar kann im Radhaus abgeholt werden.  

Sven Habedank, Rhein-Sieg-Kreis, Beispiele zu (gelösten) Konflikten beim Ausbau der Radinfrastruktur mit dem Naturschutz  

Sven Habedank berichtete von Herausforderungen beim Ausbau der Radinfrastruktur. Zwar verfolgen Naturschutz und Radverkehr gemeinsame Ziele wie den Klimaschutz, doch rechtlich bestehen keine gemeinsamen Vorgaben. Gerade in FFH-Gebieten (Flora-Fauna-Habitat) sind die naturschutzrechtlichen Anforderungen hoch, was den Bau neuer Radwege erschweren kann. 

Ein Praxisbeispiel aus der Region verdeutlichte, wie Radwege entlang bestehender Infrastrukturen (wie der Straßenbahnlinie 18 von Bonn über Alfter nach Bornheim) erfolgreich umgesetzt wurden. Habedank empfahl, künftige Radverkehrsplanungen so zu gestalten, dass FFH-Gebiete möglichst umgangen werden. 

Nicole Fritzsche, Mobilitätsmanagerin der Stadt Rheinbach: Verknüpfung Radinfrastruktur / ÖPNV – Ausbau Bike and Ride am Bahnhof in Rheinbach  

Nicole Fritzsche präsentierte das erfolgreiche Projekt der Mobilstation in Rheinbach. Auf einer brachliegenden Fläche am Bahnhof wurde eine vielseitige Verkehrsdrehscheibe mit einer E-Bike-Verleihstation sowie Lade- und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder geschaffen. Der neu angelegte, baulich getrennte Fahrradweg verbesserte die subjektive Sicherheitswahrnehmung der Radfahrenden deutlich. 

Mehr Informationen zur Mobilstation sind auf der Website der Stadt Rheinbach zu finden: https://www.rheinbach.de/zukunft-gestalten/mobilitaet-und-verkehr/mobilstation#c568

Michael Adler, Geschäftsführer der Agentur tippingpoints: Menschen mitnehmen, Konflikte vermeiden durch erfolgreiche Kommunikation und Vernetzung 

Michael Adler verdeutlichte, dass der Radverkehr weit mehr als nur Verkehrspolitik ist. Vielmehr hat er auch Bezüge zu Klimaschutz, Gesundheitspolitik, Sozialpolitik und Wirtschaft. Wenn der Fokus in der Kommunikation auf diese Vielfalt gelegt wird, könnte die Bedeutung des Radverkehrs in der öffentlichen Wahrnehmung erheblich gesteigert werden.  

Open-Space-Format: Austausch zur Mobilitätswende 

Am Nachmittag lud der ADFC die Teilnehmenden zu einer Open-Space-Diskussion ein. Im Fokus standen Themen wie Radverkehr und Naturschutz, die Schnittstelle zwischen Radverkehr und ÖPNV, die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern sowie die Vernetzung von Stakeholdern. Die Gruppen haben sich im Raum verteilt und konnten ihre Gedanken und Diskussionsergebnisse auf Flipcharts und Stellwänden festhalten. Es entstanden rege Diskussionen in Kleingruppen, die sich immer wieder gemischt haben. 

Das Open-Space-Format ermöglichte es den Teilnehmenden, jederzeit zwischen den Themen zu wechseln und neue Perspektiven einzubringen. Zum Abschluss wurden die Ergebnisse im Plenum zusammengetragen und gemeinsam diskutiert. 

Fazit: Gemeinsam die Mobilitätswende vorantreiben 

Die ADFC-Tagung bot wertvolle Impulse und praktische Lösungsansätze für eine zukunftsfähige Mobilität. Der Austausch zwischen Expertinnen und Experten sowie Akteuren aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft verdeutlichte, wie wichtig es ist, den Dialog fortzusetzen und mutige Entscheidungen zu treffen. 

Mit interkommunalen Projekten wie gemeinsamen Mobilitätskonzepten, der Umsetzung von Radpendlerrouten und dem Ausbau von Mobilstationen können Städte und Kreise zukunftsorientierte Mobilitätslösungen schaffen. Die Tagung hat gezeigt, dass Austausch und Vernetzung entscheidend sind, um gemeinsam die Mobilitätswende voranzutreiben. 

Der ADFC im nächsten Jahr weitere Veranstaltungen und bedankt sich bei den Teilnehmenden für ihr Interesse.  


https://bonn-rhein-sieg.adfc.de/neuigkeit/mobilitaetswende-im-fokus-skepsis-ueberwinden-zukunft-gestalten

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