2020 viel versprochen, aber seitdem wenig erreicht
Rückblick auf die Ankündigungen der Parteien vor der letzten Kommunalwahl
Viereinhalb Jahre nach der letzten Kommunalwahl und ein halbes Jahr vor der nächsten hat der ADFC Niederkassel auf die damaligen Ankündigungen der politischen Parteien zum Radverkehr zurückgeblickt – und darauf, was seitdem daraus geworden ist. In den Antworten auf die seinerzeit vom ADFC versandten „Wahlprüfsteine zur Kommunalwahl 2020“ hatten alle kandidierenden Parteien den hohen Stellenwert des Radverkehrs betont: So sprach die CDU von „hoher Priorität“, die SPD sogar von „höchster Priorität“ für den Radverkehr. Die FDP forderte „einen deutlich höheren Stellenwert“ für die Belange des Radverkehrs. Für die Grünen stand der Radverkehr in der Prioritätenliste „ganz oben“, die Linke sprach von einem „wichtigen Pfeiler für die Fortbewegung der Zukunft“.
Dass diese sehr hohe Priorität sich nach der Wahl im konkreten politischen Handeln niedergeschlagen hat, kann Peter Lorscheid, Sprecher des ADFC Niederkassel, nicht erkennen: „Wir haben weiterhin den Radverkehr benachteiligende Ampelschaltungen, ein lückenhaftes Radverkehrsnetz und insgesamt nur wenige Fortschritte in den vergangenen Jahren“. So sei zwar kurz nach der Wahl fraktionsübergreifend das Radverkehrskonzept „Fähre – City – Bahnhof“ beschlossen worden, doch bei dessen Umsetzung wurde noch nicht allzu viel erreicht. Immerhin seien einige Lücken geschlossen worden, um die Erreichbarkeit der Bahnstationen zu erreichen: Zuletzt durch den Ausbau der verlängerten Marktstraße und der verlängerten Südstraße, sodass man von Rheidt und Mondorf nun schneller zur S-Bahn-Station Spich kommt.
Die rechtsrheinische Radpendlerroute zwischen Bonn und Köln über Niederkassel wurde 2020 ebenfalls von allen befragten Parteien als eine Maßnahme angesehen, die hohe Priorität genießen solle. Beschlüsse, diese umzusetzen, wurden gefasst, doch die konkrete Umsetzung lässt noch auf sich warten. Lorscheid bemängelt: „Zu lange wurde aus unserer Sicht auf eine Trassenführung entlang der Umgehungsstraße gesetzt, die dann das Land realisieren müsste. Nachdem sich das als unrealistisch erwiesen hat, sind wir daher noch immer in der Phase der Trassenfindung und noch weit entfernt von einer Umsetzungsplanung oder gar einer Umsetzung konkreter Teilabschnitte.“ Hier wünscht sich der ADFC erheblich mehr Tempo, nachdem seit fast 10 Jahren von der Radpendlerroute die Rede ist, „müssen nun auch Taten folgen.“
Eine mögliche Mitgliedschaft der Stadt Niederkassel in der Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS) wurde 2020 von Grünen, FDP und Linke klar unterstützt, während CDU und SPD dies nur wollten, sofern sich daraus „ein Mehrwert“ für die Stadt Niederkassel ergebe. Nach der Wahl wurde die Stadtverwaltung dann beauftragt, eine Einschätzung hierzu abzugeben. Nachdem diese vorlag, erging 2021 ein einstimmiger Beschluss, „Gespräche mit der AGFS mit dem Ziel einer individuellen Mitgliedschaft in der AGFS zu führen.“ ADFC-Sprecher Lorscheid stellt fest: „Der gute Wille ist da, doch leider ist dieser Prozess, die Mitgliedschaft in der AGFS anzustreben, bislang noch nicht zu einem erfolgreichen Abschluss geführt worden: Einen konkreten Antrag auf Mitgliedschaft gibt es noch nicht. Dass es auch schneller gehe, zeige etwa Bad Honnef, wo die AGFS-Mitgliedschaft auch erst nach der letzten Wahl angegangen worden sei und die endgültige Aufnahme in die AGFS in diesem Sommer bevorstehe.
Der Einrichtung von Fahrradstraßen standen vor der Wahl 2020 alle kandidierenden Parteien offen gegenüber; die SPD etwa befürwortete Fahrradstraßen insbesondere im Bereich des Rheinradwegs. Die aktuelle Realität sieht anders aus, nachdem Anfang 2025 von allen Ratsparteien außer den Grünen beschlossen wurde, die zwischenzeitlich eingerichteten „Fahrradstraßen zurückzubauen und die Einrichtung von Fahrradstraßen derzeit nicht weiter zu verfolgen.“ Demgegenüber seien Fahrradstraßen, so Lorscheid, ein wichtiges Element zur fahrradfreundlichen Führung des Radverkehrs und damit Bestandteil des Kriterienkatalogs zur AGFS-Aufnahme. Auch bei der Führung der Radpendlerroute sei die Fahrradstraße ein wichtiges Element der Gestaltungsvereinbarung, die von den rechtsrheinischen Kommunen für die nach Köln führenden Radpendlerrouten beschlossen wurde.
„Insgesamt sehen wir erhebliche Unterschiede zwischen dem, was von den Parteien vor der Wahl angekündigt wurde, und dem, was seitdem tatsächlich erreicht wurde“, stellt Lorscheid fest. „Vor der kommenden Wahl im September stellt sich damit die Frage, wie es weitergehen soll: Halten die Parteien an ihren durchaus ambitionierten Zielen für den Radverkehr fest? Und falls ja, wie wollen sie erreichen, dass in den nächsten fünf Jahren mehr Fahrrad-Projekte auch tatsächlich umgesetzt werden?“